A Tribute To Ian „Lemmy“ Kilmister

Herrjemine, was für ein  Verlust müssen Musikfreunde diese Tage verarbeiten –  Zuerst erwischt es den guten Lemmy und dann muss auch noch David Bowie ins Gras beißen. Zugegeben, der Tod von Mister Kilmister kommt nicht wirklich überraschend, denn eigentlich rechnete jeder, dass der Mann bei den Touren ab den 2000ern nach dem Eröffnungssong tot von der Bühne hätte fallen müssen. So war mir, seitdem ich bei INNALLIZI angeheuert habe, klar, dass der Tag kommen würde, diese Zeilen zu schreiben. Dennoch macht mich die Gewissheit unendlich traurig, dass er nie wieder seinen Bass in die Hand nehmen wird, um das zu predigen, was heute nur noch als Schatten existent ist: Purer Rock ’n‘ Roll. Mir ist auch klar, dass ein paar von euch Luschen ein Best-Of David Bowie besser gefallen hätte, aber das ist nicht, wegen ist gestrichen – ihr könnt euch ja einen Schal umwerfen und eine Wärmflasche auf die Vagina legen – die Verkäuferin im Alnatura interessiert sich sicher brennend für eure Probleme! Allen anderen empfehle ich, eine Flasche Queen Margot im Lidl zu klauen und diese mit lauwarmer Cola beim Hören dieses ADM herrunter zu spülen– A Tribute To Ian „Lemmy“ Kilmister.

Early motörhead

Was vielleicht nicht unwichtig ist, ich bin wirklich Motörhead-Fan. Ich kann behaupten, dass ich nicht wirklich von vielen Sachen „Fan“ bin – ich würde sogar so weit gehen, dass ich Fantum (hört sich an wie der Name eines libanesischen Kichererbsengerichts) grundsätzlich als suspekt empfinde. Dennoch besitze und besaß ich mehrere Merchandisingartikel der Band. Einige dieser T-Shirts gingen bei Raufereien und im Moshpit kaputt, andere wurden vom Wohlstandsbauch gesprengt. Mein aktuelles Lieblingsteil ist entsprechend meines bourgeoisen Lebensstils eine Motörhead-Küchenschürze, welche ich im Sommer gerne auch mal „solo“ beim Grillen trage – sehr zur Freude der Nachbarn.

Den ersten Kontakt zur Musik von Kilmister und Co. hatte ich Ende der 90er beim Spielen von Tony Hawks Skatboarding auf der Play Station. Auch wenn mich „Ace Of Spades“ mit seinem Affenzahn zu immer neuen Highscores getrieben hat, konnte ich nie meinen kleinen Bruder beim „H.O.R.S.E.“ besiegen – verdammte Axt. Den Song fand ich dennoch richtig klasse und halte ihn bis heute für einen der besten Rock ’n’ Roll Songs überhaupt. Zum richtigen Motörheadfan wurde ich allerdings erst 2005, nachdem ich Lemmy und Band live in Berlin gesehen hatte. Ein gigantisches Konzert, welches ich aufgrund von Alkohol und Testosteron als einzigen extatischen Zustand verinnerlicht habe. Die Lautstärke war brachial und Lemmy eine Naturgewalt, die ihresgleichen sucht: groß, dunkel, Hut – ein dämonischer Cowboy-Priester mit einer Stimme wie ein Kipplader, der eine Tonne Kies ausschüttet. Charakteristisch auch seine Kopfhalten, die mehr an einen bellenden Betonmischer erinnert als an ein menschliches Wesen.

Lemmy_1

Am nächsten Morgen konnte ich mich kaum noch an Einzelheiten dieses heidnischen Rituals erinnern – nahezu vollständige Taubheit war aber ein eindeutiges Indiz – ich war dort und hatte überlebt! Wie der Zufall es so will, hatte ich an diesem Tag noch ein Vorstellungsgespräch für einen Job an der Uni. Das Gespräch gestaltete sich schwierig, da ich nur die Hälfe verstand und gefühlt jede Frage mit einem „wie bitte?“ beantwortete. Offensichtlich mussten die wohl ihre Schwerbehindertenquote erfüllen, da kam ein Tauber genau richtig, denn ich bekam den Job – Motörhead sei Dank!

Die Geschichte der Band nachzuerzählen würde den Rahmen dieses Blogs bei Weitem sprengen. Daher empfehle ich jedem, interessiert oder nicht, die Lektüre von Lemmys Autobiographie „White Line Fever“. So lernt man z.B., warum Lemmy so für die Beatles schwärmt und was es mit so sagenhaften Frauen wie „Motorcycle Irene“ auf sich hat. Nebenbei lernt man noch viel über das Leben auf Tour und die falsche und korrekte Anwendung jeglicher Drogen, die auf Discotoiletten verkauft werden.

Zwar waren zahlreiche Musiker, einige auch nachweislich prägend (z.B. Phil „the Animal“ Taylor), Mitglied der Band, dennoch gilt: Lemmy ist Motörhead und Motörhead ist Lemmy. Motörhead ist Lemmys Band und ihm ist es auch zu verdanken, dass die Popularität der Gruppe in den letzten Jahren immer weiter zugenommen hat. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe.

Erstens: Lemmy war wohl einer der authentischsten Personen (coole Socke) auf diesem Planeten. Niemand hat den Rock ’n‘ Roll-Lifestyle mehr verkörpert als er – Sex, Drugs and Rock ’n‘ Roll ein Leben lang und das ohne dabei seine Würde zu verlieren. (Meine Versuche, das Leben eines Lemmy Kilmisters nachzuahmen, endeten meistens von Selbstmitleid zerfressen und wimmernd bereits nach einem Wochenende.) Trotz seines immensens Alkoholkonsums war er immer ein wacher Interviewpartner, der mit intelligenten und witzigen Kommentaren zu glänzen wusste. Schaut euch „Lemmy – The Movie“ an, dann seht ihr, was ich meine.

Motorhead Guildford

Lemmy from Motorhead With Two Page Three Girls, During A Press Conference in Guildford, England 20/03/1991. (Photo by Mark Baker/Sony Music Archive/Getty Images)

Zweitens: Er war einfach ein guter Musiker, der sein Instrument beherrscht hat – Punkt!

Zur Musik: Motörhead ist laut, schnell und roh. Motörhead ist der Soundtrack, der in deinem Kopf läuft, wenn du im Vollsuff vor der Polizei auf einem Fahrrad ohne Licht fliehst; wenn du in einem Einkaufswagen über Kopfsteinpflaster rast; wenn du dir nach einer Herz-OP die erste Kippe anzündest oder wenn du als Letzter auf der Party das dicke Mädchen mit nach Hause nimmst. Motörhead ist Walfang, Zwergenweitwurf, und wenn du vom Geruch deiner eigenen Fürze kotzen musst (Zwiebelkuchen) – das letzte Bier ist sowieso immer Motörhead! Motörhead ist sicher nicht Tofuwurst, Vorhautverengung und Kreisverkehr. Motörhead ist so filigran wie ein Hackstock, so rücksichtsvoll wie eine Schrottpresse und so sensibel wie ein CSU-Politiker. Motörhead gehört eigentlich eher in einen Baumarkt als in einen Plattenladen. Oder in eine Metzgerei – denn wenn die Beatles das Filet des Rock ’n‘ Roll sind, wäre wohl Motörhead das Zwiebelmett. Sicher gehören Motörhead auch nicht in eine Galerie für zeitgenössische Kunst…

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40 Jahre, 23 Alben und über 250 Songs – da kann es schon sein, dass nicht jedes Album die Innovationskraft eines Jungberaters hat. Zum Glück, denn Motörhead ist schneller Rock ’n‘ Roll alter Schule – zeit seines Lebens war Lemmy nie müde dies zu betonen. So, genug geschwafelt – erhebt eure Gläser auf den größten Motherfucker, den dieser scheiß Planet je gesehen hat. Viel Spaß mit den besten Motörhead-Songs aller Zeiten – born to lose, live to win!

  1.  I’am So Bad  (Baby I Don’t Care), 1916 (1991)
  2.  Ace Of Spades, Ace Of Spades (1980)
  3. No Class, Overkill (1979)
  4. Rock ’n‘ Roll, Rock ’n‘ Roll (1987)
  5. Tear Ya Down, Overkill (1979)
  6. Bad Woman, Bastards (1993)
  7. Bomber, Bomber (1979)
  8. Bye Bye Bitch Bye Bye, The Wörld Is Yours (2010)
  9. Shake Your Blood with Dave Grohl, Probot (2004)
  10. Going To Brazil, 1916 (1991)
  11. Iron Fist, Iron Fist (1982)
  12. Eat The Rich, Rock ’n‘ Roll (1987)
  13. Overkill, Overkill (1979)
  14. Love Me Like A Reptile, Ace Of Spades (1980)
  15. Stone Dead Forever, Bomber (1979)
  16. Killed By Death, No Remorse (1984)